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Artikel vom 21.05.2012
Artikel vom 21.05.2012

"Wenn Sie weiter das Grundgesetz verteilen, werden Sie verhaftet."

- Polizeizitat vom 17.05.2012 auf dem Frankfurter Paulsplatz -

 

Vier Tage Blockupy-Aktionstage liegen hinter Frankfurt am Main.
Vier Tage Ausnahmezustand und eine von vielen Erkenntnissen die bleibt: Die Polizei war der beste Blockierer!
Das Bankenviertel wurde, natürlich „demokratisch“, auf Anordnung der Legislative, gerichtlich bestätigt durch die Judikative, von der exekutiven Staatsgewalt systematisch abgeriegelt.
Vereint im Kadavergehorsam wurden zum Schutze der Allgemeinheit Notstandserlasse „der weltoffenen und toleranten Stadt“ (Bürgermeisterin Roth auf Ihrer Internetseite) roboterhaft umgesetzt.

Warum das alles?

Angekündigt wurden die Blockupy-Tage von einem breiten Bündnis verschiedenster Organisatoren. Mit diversen Aktionen und Demonstrationen sollte auf die Missstände im Verhältnis zwischen Staatsbürgern und Teilen der Wirtschaft, namentlich dem Privatbanksektor, aufmerksam gemacht werden.
Zudem sollte ein Zeichen der Solidarität gesetzt werden, mit jenen, die bereits jetzt von dem so genannten alternativlosen Spardiktat der EU existenziell bedroht sind.

Dass alle Aktionen mit ausschließlich friedlichen Mitteln durchgeführt werden sollten, wurde seitens der Veranstalter dabei immer betont.

Doch die Stimmung in Frankfurt stand dicht im Zusammenhang mit der, ebenfalls in Frankfurt Ende März stattgefundenen Antikapitalismus-Demonstration (M31).
Medial ausgeschlachtet wurde die Mär über einen Polizeibeamten, der wegen eines Steinwurfs im Krankenhaus um sein Leben kämpfen würde, tatsächlich hatte er eine Ladung Pfefferspray von seinen eigenen Kollegen abbekommen, alles andere als lebensbedrohlich also.
Und die Berichterstattung verfehlte ihre Wirkung nicht.
Die alte Taktik der Desinformation und Spaltung der Demonstranten untereinander ging ein weiteres Mal auf. Kurzerhand wurden alle Demonstranten zu Steinewerfern und blindwütigen Randalierern erklärt.
So war es möglich, mit dem Vorwand, die Frankfurter Bürger schützen zu wollen, die absurden Verbote und den massiven Polizeieinsatz während der Blockupy-Tage ohne nennenswerte Widerstände durchzusetzen.

Dass es natürlich nicht um die Sicherheit der Bürger Frankfurts ging, ist selbstredend.
Würde diese Logik stimmen, müsste jedes Fußballspiel der Frankfurter Eintracht verboten werden.
Es ist weitläufig bekannt, und niemand streitet ab, dass es unter den Fußball-Fans einen kleinen Teil militant Gewaltbereiter gibt, die nur zu den Spielen kommen, um Krawall zu machen.
Der Argumentation der Frankfurter Politiker folgend müssten somit aus Sicherheitsgründen alle Spiele gerichtlich untersagt werden.
Das ist so absurd, wie es absurd war, Verbote gegen Demonstrierende zu verhängen.

Diese bewusste Desinformation der Massen, die Aufhetzung der Polizeibeamten gegen die Demonstranten, ist Teil einer langer Tradition. Am 02.06.1967 (Demo gegen den Besuch des Schah von Persien in Deutschland) wurde das Gerücht kolportiert, Demonstranten seien auf Polizeibeamte losgegangen, einer liege schwer verletzt im Krankenhaus. Am nächsten Tag stellte sich heraus, dass kein Polizeibeamter verletzt wurde. Benno Ohnesorg, ein Demonstrant, war tot; wie wir heute wissen, von dem Kriminalbeamten Karras durch gezielten Kopfschuss hingerichtet worden.

Und so glich Frankfurt tagelang einer belagerten Stadt, das massive Polizeiaufgebot verwandelte die Straßen, die Szenerie war beängstigend.
Alle geplanten Blockupy-Aktionen wurden verboten, die Menschen, die natürlich trotzdem kamen, wurden kriminalisiert und ihrer Grundrechte beraubt.

Dies führte zu solch grotesken Situationen wie jene am Anfang dieses Artikels zitierte; ein Polizeibeamter droht einem Demonstranten mit einer Festnahme, weil dieser das deutsche Grundgesetz verteilt, dies nun auch noch paradoxerweise am geschichtsträchtigen Ort, des Frankfurter Paulsplatzes, an dem sich fast auf den Tag genau am 18.05.1848, vor 164 Jahren, das erste demokratisch gewählte Parlament, die Nationalversammlung, zusammenfand.
Nur ein Erlebnis von vielen, jeder Demonstrant wird diesem die eigenen hinzufügen können und ratlos und empört zurück bleiben.

Also, warum das alles?
Weil es um das Herz des Systems geht. Der Kapitalismus befindet sich in der schwersten Krise seit 1929. Auch damals waren die Vorboten ein sich grenzenlos aufblähender Finanzsektor.
Die vom System lebenden, sich permanent reproduzierenden Politiker sehen richtigerweise die Gefahr von gesellschaftlichen Umwälzungen, die ihre Existenz bedrohen und ziehen daher die Notbremse auf Kosten der Grundrechte.
Die vom System lebenden, sich permanent reproduzierenden Medien unterstützen aus den gleichen Gründen diesen Weg.
Die vom System lebenden, sich permanent reproduzierenden Juristen legitimieren ihn schließlich.
Demokratisch…praktisch…gut…

Warum das alles?

Weil immer mehr Menschen erkennen, dass die kapitalistische Produktionsweise zerstörerisch wirkt und nicht kontrollierbar ist.
Weil immer mehr Menschen erkennen, dass die Unterdrückungsstrukturen im System angelegt sind, es immer waren.
Weil immer mehr Menschen auf einen Scheideweg zuschreiten, mit der Wahl, entweder der fortschreitenden Barbarei blindlings weiter zu folgen oder sich auf den Weg hin zu einer egalitären, humanistischen und wirklich freien Gesellschaft aufzumachen.

Die Demonstration vom 19.05.2012, die einzig genehmigte Aktion der Blockupy-Tage, war ein Beitrag, genau dorthin zu gelangen, sie war ein Riesenerfolg, einer der besten Protestzüge, den Frankfurt in den vergangenen Jahren erlebt hat. International, kreativ, machtvoll und absolut friedlich.

Die Menschen haben Blockupy ein Gesicht gegeben.
…Kooperativ….Bunt….Laut.
unsere Bewegung!

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