Begegnung mit der BüSo

Geburtstagsgeschenke sind nicht gerade meine Stärke. Morgen hat ein Freund von mir Geburtstag, ich begebe mich auf die Suche, doch ich bin unzufrieden mit den Dingen, die mir in dieser völlig überladenen Konsumwelt angeboten werden. Es gibt alles, Massenware, aber nichts Individuelles, was zu einem besonderen Menschen passt, den ich sehr gut kenne. Auf meiner Suche durchquere ich die Zeil, als ich auf dem Platz an der Hauptwache ankomme, sehe ich schon einen kleinen Informationsstand. Natürlich werde ich keine Minute später angesprochen. „Ist Edward Snowden ein Verbrecher oder ein Held?“ Obwohl mir diese Frage etwas dramaturgisch erscheint, gebe ich die Antwort, die die hochgewachsene, leicht grausträhnige Frau mit den stahlblauen Augen hören will, weil ich neugierig bin, worauf sie hinaus will. „Ein Held“, sage ich grinsend. Meine Antwort macht sie glücklich, deshalb plappert sie munter weiter drauf los: „Ja, genau!“ Und dann erzählt sie von der Finanzmarktkrise, von Trennungsbanken. Was hat das mit Edward Snowden zu tun? Wahrscheinlich weiß sie es genau so wenig wie ich. Ihre deutlich sichtbaren Kontaktlinsen sind mehr dazu geeignet, mein Interesse zu wecken als ihr zusammenhangsloses Geplapper. Nachdem sie mich ein paar Minuten zugetextet hat, kommt sie endlich zum Punkt. Ich soll eine Zeitschrift (eine sehr dünne übrigens) zum Unkostenbeitrag von 5 € erwerben und spenden. Das war ja klar. Diesmal macht sie meine Antwort nicht glücklich. Ich teile ihr nämlich mit, dass ich mich erst noch eingehend über ihre Organisation, die BüSo, informieren möchte, bevor ich so etwas tue. Denn bisher habe ich nur Allgemeinplätze von ihr gehört, was ihre Organisation konkret macht, hat sie diskret verschwiegen. Aber vielleicht macht die BüSo ja auch nichts anderes als Spenden zu sammeln, wer weiß. Nun ist sie ein wenig aufgebracht, versucht, es sich nicht anmerken zu lassen und will mir erzählen, dass ich nur auf verleumderische Seiten im Internet hereinfallen würde, wenn ich versuchen würde, mich selbst zu informieren. Aha. Das sagt mir schon so einiges. Ich erwidere suuuuperfreundlich, dass ich schon die richtigen Seiten kenne und mich lieber dort engagiere, wo ich weiß, was mit meinem Geld passiert bzw. dort, wo ich auch selbst etwas tun kann und die Menschen nicht nur auf mein Geld aus sind, nenne Occupy, das Cafe Exzess in Frankfurt und den Tierschutz. Verzweifelt wagt sie einen letzten Vorstoß. „Die Abschaffung von Kernkraft ist Völkermord! Deshalb setzt sich unsere Organisation für die Kernkraft ein.“ Ich weise sie freundlich auf die Gefahren der Kernkraft hin, nenne Fukushima als Beispiel und erkläre ihr, dass Kernkraft uns nur so günstig erscheint, weil sie staatlich subventioniert wird und der Transport und die Lagerung von Atommüll über Steuern finanziert wird. Aber da hat sie wahrscheinlich schon gar nicht mehr zugehört. Ich werde nichts spenden, das hat sie verstanden. Noch während ich rede, lässt sie mich wortlos stehen und wendet sich ihrem nächsten Opfer zu. Wie unhöflich! Nicht nur, dass sie selbst offensichtlich desinformiert ist, nein, sie erzählt den Menschen den größten Blödsinn, um ein paar Euros für die BüSo abzustauben. Und dann noch so ein Abgang. Kopfschüttelnd ziehe ich meiner Wege. Ich hoffe, dass andere nicht so dumm sind, auf sie hereinzufallen. Weiß die Frau eigentlich, was das Wort Völkermord bedeutet? Der Kapitalismus ist Völkermord, lässt jeden Tag Millionen von Menschen verhungern, nimmt ihnen ihr Grundrecht auf Wasser, da große Konzerne meinen, Wasser müsse eine Ware sein und die meisten Regierungen ihnen in den Arsch kriechen wollen und dem zustimmen. Kernkraft ist Völkermord, da wir bis heute nicht wissen, wohin mit dem Atommüll. Wird er nicht sicher gelagert (und meiner Meinung nach ist eine sichere Lagerung überhaupt nicht möglich), kann die Strahlung, die davon ausgeht, ganze Nationen mit Krebs belasten, unsere Umwelt so nachhaltig schädigen, dass diese sich vielleicht nie wieder davon erholt. Und das Schlimmste an dieser Organisation: Es besteht überhaupt keine Diskursbereitschaft. Bitte verschont uns mit euren Platitüden! Ein Geschenk habe ich übrigens noch nicht gefunden, aber ich suche jetzt in meinem Herzen weiter und nicht mehr auf der Zeil. In diesem Sinne: Herzlichen Glückwunsch!