"Que se vayan todos!" (Haut doch alle ab!)
- Slogan der argentinischen Demonstrationsbewegung 2001 -
Die derzeitige Krise begann 2008 zum wiederholten Male mit einem Bankencrash. Wieder wurde zu viel auf Pump gekauft.
Der inneren Systemlogik folgend waren leichtfertig Kredite vergeben worden, um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Die Autos wurden größer, die Tendenz zum Drittwagen schuf sich Raum. Jeder sollte ein eigenes Haus besitzen, um zufrieden zu sein. Insbesondere in den USA wuchs die individuelle Verschuldung vielen Menschen über den Kopf.
Dennoch war die systemimmanente Überproduktion von Immobilien nicht aufzuhalten.
Häuser und Autos standen auf Halde, die Kredite konnten bei verschlechterter Konjunktur immer weniger bezahlt werden, die Banken hatten sich verspekuliert.
Die kapitalistische Systemkrise wurde verniedlicht von den Medien verklärt und Finanzkrise genannt.
Die Politik versuchte den Zusammenbruch (vgl. Weltwirtschaftskrise 1930) zu verhindern, indem sie mehrere Billionen Dollar drucken ließ, um den Banken aus der Klemme zu helfen und den Konsum anzukurbeln. Zwar konnte so der brutale Zusammenbruch zunächst verhindert werden...der Preis aber ist ein langes Siechtum, das im zunehmenden Maße die Verelendung auch in Europa zur Folge hat.
Die Marktmechanismen erwiesen sich wieder einmal nicht in der Lage, die Probleme auch nur ansatzweise lösen zu können.
Der Kapitalismus gerät so erneut an seine Grenzen, immer weniger Kapital wird produktiv investiert!
Die Gründe sind bekannt: In den "reichen" Ländern ist alles im Überfluss vorhanden, Konsum kann nur woanders gesteigert werden (Deutschland exportiert gewinnbringend nach Griechenland und andere südliche Länder; am besten laufen Waffengeschäfte!).
Dazu kommt die permanente Verstetigung der Tatsache, dass Finanzkapital höhere Renditen abwirft und beweglicher als Produktivkapital ist, so dass Billionen von Dollars um die Welt vagabundieren auf der Suche nach Anlagemöglichkeiten, die den höchsten Profit abwerfen.
Verteilungskämpfe (auch unter Partnern) nehmen zu.
Die südeuropäischen Staaten werden zur Kasse gebeten, nachdem jahrelang ihre politischen Entscheidungsträger bestochen wurden.
Zudem schreitet die Markterschließung der BRICS (Brasilien, Russland, Indien, China und Südkorea) und Afrika in der Zwischenzeit kontinuierlich weiter fort.
Neue wenige Gewinner und viele neue Verlierer werden herangezüchtet.
Die Natur wird immer hemmungsloser ausgebeutet (vgl. Schiefergas oder Fischfang), psychische Erkrankungen nehmen rasant zu (Elektroschock als Therapie gegen Depression stellen vorübergehend die Arbeitsfähigkeit wieder her!). Hunger und Elend weltweit stehen einer wachsenden Zahl von Milliardären gegenüber!
Wieder einmal kehren wir den Scherbenhaufen des Systems zusammen,
während die Krise ungehemmt herrschenden Interessen dient.
Gleichzeitig verlängert die kapitalistische Perversion den Bestand des Ordnungsprinzips auf Kosten des Lebens der Menschen.
Mit Drohszenarien werden marktradikale Reformen durchgesetzt, die unsere Gesellschaft und unser Leben auf Jahre bestimmen werden.
Es wird alles getan, um zu verschleiern, was der Kapitalismus in Wahrheit ist und bedeutet:
Not und Ohnmacht, Armut inmitten von Reichtum, Profitlogik statt Partizipation.
Permanentes Krisenmanagement soll uns in Atem halten und ablenken, während ehemals autonome Länder unter das Protektorat einer neuen europäischen Führungsmacht unterworfen werden.
Die griechische Tragödie wird zur Blaupause für Europa!
Von uns geschaffener gesellschaftlicher Reichtum wird uns immer stärker vorenthalten. Niedrigstlohnbereiche dehnen sich explosionsartig aus.
Niedriglohn bedeutet Verelendung, Zwangsräumung, Altersarmut, geringe Sozialleistungen, aber auch: hohe Profite für das Kapital!
Die Systemkrise ist längst chronisch und wird durch den permanenten Ausnahmezustand (Generalmobilmachung im Dienst von Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit) am Laufen gehalten.
Währenddessen untergräbt die Konkurrenz um Rentabilität fortlaufend ihre eigenen Grundlagen. Es wird ein immer höherer Kapitaleinsatz benötigt, um immer kleinere Rationalisierungsspielräume auszureizen. Das belastet die Renditen, erzeugt fortwährend Überkapazitäten und verdrängt gleichzeitig immer mehr Menschen aus sozial abgesicherten Arbeitsverhältnissen.
Um die schwindenden Renditen zu sichern, muss der Kapitalismus zunehmend auf private und öffentliche Verschuldung setzen. Es entstehen Defizitkonjunkturen und die Flucht in die Finanzmärkte.
Kapitalistisches Wachstum beruht zunehmend aus der Ausweitung genau jener spekulativen Kreditsysteme und Verwertungsketten, die in der aktuellen Krise implodiert sind und die jetzt händeringend wieder aufgebaut werden sollen.
Zu viele glauben an die Erlösungsversprechen der Mächtigen!
Immer mehr Menschen akzeptieren Arbeitsverhältnisse im wachsenden Dumping-Lohn-Sektor. Im Schuldner- und Unterschichtsfernsehen gibts stets jemanden, dem es schlechter geht, dies erlaubt auch dem noch so kleinsten Rädchen im System, sich mit dem vorherrschenden Standort und Lohnsystem zu versöhnen.
Die Identifikation mit den Agenturen der Macht und der damit verbundenen Lust an der Erniedrigung Schwächerer hinterlässt dabei sozialpsychologisch eine sich konsequent vergrößerne Verrohung unserer gegenseitigen Verhaltensweisen.
Und auch hier wird offensichtlich, dass das Schüren von gesellschaftlichen Ängsten die so dringend notwendige Abstraktion der gesellschaftlichen Missstände verhindert.
Zu wenige hinterfragen, was es bedeuten wird, wenn ab 2014 die EZB sämtliche Banken der Eurozone beaufsichtigen wird.
Zu wenige nennen beim Namen, was die Aushöhlung der formellen Demokratie in Griechenland und Italien tatsächlich war, dass es sich rein um Finanzstaatsstreiche handelte, die das Troika-Regime vor unseren Augen installieren konnte!
Zu wenige thematisieren das Phänomen, dass eine Gesellschaft, die auf der Ausbeutung der menschlichen Arbeitskraft beruht, an ihre Grenzen stößt, weil sie die Arbeitskraft zwangsläufig immer überflüssiger machen wird!
Zu wenige staunen über die moderne Bankenpraxis, der es erlaubt wird, jeden Euro fremden Geldes, das bei Ihnen deponiert wird, durch Geldschöpfung aus dem Nichts bis zu 50-mal an ihre Kreditkunden weiterzuverleihen.
Zu wenige wundern sich, dass der Kaiser (unser Bankensystem) komplett nackt vor uns steht!
Aber Moment mal!
Banken dürfen Kredite aus dem Nichts (Fiat-Money) vergeben, heimsen sich die Zinserträge (reales Geld) ein und bekommen die hinterlegten Sicherheiten (reale Werte) dann, wenn wir die vereinbarte Kreditrate (reales Geld, dass jeden Monat unseren Lohn schmälert und uns im Hamsterrädchen verweilen lässt) nicht mehr bezahlen können, weil wir uns vielleicht gerade von unserem Partner trennen oder unser Arbeitgeber auf Kurzarbeit umgestellt oder fusioniert hat oder...oder...oder...
Ja, sind wir denn eigentlich behämmert?
Diese Kreditverträge sind nichtig, sittenwidrig und im Kern verbrecherisch! Niemand sollte sich länger einschüchtern lassen...es ist ein Ganovenstück, das hier direkt vor uns aufgeführt wird...wie lange wollen wir noch als naive Statisten dieser Vorführung und Verhöhnung unserer Intelligenz beiwohnen?
Ein Staat ohne öffentlich kontrollierte Geldschöpfung ist in seiner Entscheidungsgewalt extrem eingeschränkt und kann sich nicht als Demokratie bezeichnen, er ist schlicht keine!
Es ist jetzt an der Zeit, gegen diese Manipulation vorzugehen. Informationen zu verbreiten, welchen Funktionsweisen wir uns beständig unterordnen. Unseren Mitkapitalismusinsassen überall das Vorwissen zur Verfügung zu stellen, um diese Gesellschaftsordnung zu begreifen. Nicht in unserem Namen zu rufen...und das Biest endlich zu zähmen!!
Es ist an der Zeit zu erkennen, dass unsere Gesellschaften zu definitiven Abstraktionen verkommen sind, in denen wir das schwache, deprimierte, selbstkritische, virtuelle ICH geworden sind, ein unendlich anpassbares Subjekt, das von einer Produktion gefordert wird, die auf Innovation beruht, auf dem beschleunigten Verhalten der Technologien, dem stetigen Umbruch der sozialen Normen und der verallgemeinerten Flexibilität.
Es ist an der Zeit aufzuwachen, klar zu sehen, dass es nicht das ICH ist, was bei uns in der Krise ist, sondern die Form, die uns aufzuzwingen versucht wird. Es sollen abgegrenzte, wohl getrennte ICH's aus uns gemacht werden, zuordnungsbar und zählbar nach Qualitäten, kurz: wir sollen kontrollierbar sein, während wir Kreaturen unter Kreaturen bleiben sollen...sklavengleich und unmündig!
Es liegt an uns, unsere Realität anzuerkennen, dass wir zu einem Volk von Fremden geworden sind, in deren Mitte wir leben! Dass wir, wenn wir uns als Gesellschaft bezeichnen, selbst belügen! Dass sich seit geraumer Zeit selbst unter Soziologen der Begriff des Netzwerkes durchgesetzt hat, um die schwachen Interaktionen, die es noch zwischen uns zu geben scheint, zu beschreiben.
Dass es selbst in Familien heute so ist, dass diese immer mehr zur Vertiefung der herrschenden Trennung beitragen, obwohl sie selbige vertuschen sollen und letztlich doch zur bloßen Täuschung verkommen sind.
Es ist an der Zeit zu benennen, dass wir einem Paradox einer Gesellschaft von Arbeitern ohne Arbeit unterliegen, in der die Ablenkung, der Konsum, das Vergnügen nur noch den Mangel daran beklagen, wovon sie uns eigentlich ablenken sollten, kurz: dass es bis heute keine bessere Methode zur Disziplinierung gibt als die seit jeher eingesetzte Lohnarbeit.
Es ist nicht länger einzusehen, die Augen vor der schlichten Tatsache zu verschließen, dass nicht die Wirtschaft in der Krise ist, sondern die Wirtschaft die Krise ist!
Dass nicht "die Krise" uns deprimiert, sondern der Wachstumswahn unserer Zeit!
Die Wahrheit liegt doch klar auf der Hand: Zuerst wurde sich unserer Eltern bedient, um diese Welt zu zerstören, nun sollen wir für ihren Wiederaufbau arbeiten und der bitteschön, sollen dazu auch noch profitabel sein!
Gleichzeitig wurde sich nach 1945 darauf geeinigt, dass die Manipulation der Massen, die Aktivitäten der Geheimdienste, die Einschränkung der öffentlichen Freiheiten und die vollständige Souveränität der Polizei angemessene Mittel zur Sicherung von Demokratie, Freiheit und Zivilisation zu sein haben.
Wo bleibt endlich unser Widerspruch?
Wir haben einen Leichnam auf unserem Rücken, der Zivilisation genannt wird. Wir werden ihn nicht so einfach los. Vom Ende dieser so genannten Zivilisation werden wir nichts zu erwarten haben, doch so wie sie ist, kann sie nur Historiker interessieren!
Das ist die Tatsache, aus der eine Entscheidung werden muss.
Die Tatsachen können vertuscht werden, die Entscheidung aber bleibt politisch.
Sich für den Tod dieser Zivilisation zu entscheiden, es endlich in die Hand zu nehmen, wie es geschehen soll: Nur durch diese Entscheidung werden wir uns endlich des Leichnams entledigen können!
Wir wissen, dass dies möglich ist, wir haben es jüngst erlebt: Der Trikont wehrte sich!
Ein globaler Volksaufstand (von den Medien als Antiglobalisierungsbewegung bezeichnet) wirbelte solchen Staub um diese Politik auf, dass Ostasien und Lateinamerika den IWF 2002 und 2003 effektiv hinausgeworfen hatten und der Währungsfonds 2005 selbst am Rande des Bankrotts stand.
Wir wissen, dass die Finanzkrise von 2007 und 2008 nicht zufällig gerade in der Situation ausbrach, als das amerikanische Militär peinlicherweise im Irak und in Afghanistan nicht mehr weiterkam und es in der Folge zum ersten Mal zu einer ernsthaften internationalen Diskussion kam, ob der Dollar internationale Reservewährung bleiben kann!
Wir wissen, dass sich das imperiale Tributsystem USA (Der Dollar ist im Wesentlichen zirkulierende U.S.-Kriegsschuld. U.S.-Auslandsschulden in Form von Schatzobligationen bilden die Basis des internationalen Zahlungsverkehrs und sind der eigentlichen Motor des Systems!) das nicht gefallen lassen konnte und deswegen zurückschlug.
Wir wissen, dass die Eurokrise der gezielte Angriff auf diesen Umstand war, weil es aus der Sicht des imperialen US-Systems bloß nicht dazu kommen darf, zuzuschauen, wie der U.S.-Dollar die Vormachtstellung am Weltmarkt verliert.
Wir wissen um die Demagogie und kennen die wahren Hintergründe!
Wir wissen, dass es keinen Grund mehr für uns gibt, auf Nachrichten zu reagieren, vielmehr verstehen wir jede Information als Operation in einem feindlichen Feld von Strategien, die es zu durchschauen gilt!
Wir wissen um die wirklichen Informationen, welche in den sichtbaren Nachrichten verborgen liegen!
Wir wissen, dass das Elend des Kapitalismus auch in seiner moralischen Blindheit liegt, die einige dadurch untergehen lässt, dass ihnen der Verkauf der Arbeitskraft verweigert wird, und andere dazu zwingt, es für ein Gehalt zu tun, das ihnen die Reproduktion ihrer Existenzbedingungen nicht erlaubt.
Wir wissen, dass dieses kommerzielle Hungerverhältnis aufrecht erhalten wird und als rational gilt, weil es eine Reservearmee gibt, die Ersatz für den Arbeitnehmer liefert, der in diesem System untergeht. Wir wissen, dass es Methode ist, die Größe dieser Reservearmee konstant zu halten, um uns gefügig zu machen, dass es eine Lüge ist, die Arbeitslosigkeit bekämpfen zu wollen, weil dieses System die Existenz dieser Reservearmee braucht und benutzt um uns permanent erpressen und gegeneinander auspielen zu können.
Wir warten nicht länger auf eine Aufheiterung, eine Revolution, eine atomare Apokalypse oder eine soziale Bewegung...wir wissen:
Weiter zu warten ist Wahnsinn!
Die Katastrophe ist nicht was kommt, sondern das, was bereits ist!
Nicht mehr zu warten heißt, auf die ein oder andere Weise in die aufständische Logik einzutreten! Nicht mehr Zuschauer zu sein, nicht mehr reagieren zu müssen, sondern jederzeit in der Gemeinschaft mit anderen zu Akteuren zu werden...aktiv zu sein und endlich dem Gewissen, dem Herz und unserem Verstand zu folgen!
Wir wissen, dass es in sozialen Kämpfen nicht zuletzt immer auch ein antiautoritäres Moment gibt, das zu stärken für gesellschaftliche Veränderung unverzichtbar ist: erst wenn Menschen sich selber als handlungsfähig erleben, können sie überhaupt auf die Idee kommen, jenseits von Befehl und Verwertungsimperativ ihr Leben zu organisieren.
Nur so kann denkbar werden, dass Widerstand möglich ist!
Nichts scheint unwahrscheinlicher als ein Aufstand, aber n i c h t s ist notwendiger!!!
Was sind 1000 Ökonomen des IWF, die auf dem Meeresboden liegen?
- Ein guter Anfang -
(Ende Teil 2)
Der erste Teil ist am 22.04.2013 erschienen.
Der dritte Teil ist am 26.04.2013 erschienen.