Die Verhandlung dauerte fünfzehn Minuten...
...danach war das Räumungsurteil gegen das seit neun Jahren besetzte Institut für vergleichende Irrelevanz (IvI) ausgesprochen.
Das Landgericht Frankfurt folgte somit der zweifelhaften rechtlichen Konstruktion aus den Besetzern des IvI eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) zu machen, obwohl der Sprecher des Landgerichts noch ein Tag vor Urteilsverkündung von "juristischen Unklarheiten" in Bezug auf die Existenz einer IvI-GbR gegenüber dem Hessischen Rundfunk sprach.
Der zuständige Richter betrat insofern rechtliches Neuland, als dass eine Streitpartei im Zivilverfahren als GbR anerkannt wird, um den Mangel zu Überwinden, dass eine Beklagtenidentität bisher nicht festzustellen war - eine schallende Ohrfeige für das Gesellschaftsrecht in Deutschland.
Bereits die Zustellungsurkunde war eine Farce...der Adresszusatz lautete lediglich: "Herr/Frau/Fräulein, 6000 Frankfurt am Main". Das mit einer solch ungenauen Adressierung ein Zivilprozess geführt werden kann, widerspricht jeder formalen Voraussetzung der Zivilprozesssordnung.
Der Grundsatz des öffentlichen Verfahrens, während der Verhandlung am 15.02.2013, wurde zudem durch kurzfristige Raumverlegung, überzogene und bewusst verzögernde Einlasskontrollen, sowie einen viel zu kleinen Gerichtssaal unterlaufen...zum Prozess wurden nur etwa 30 Beobachter_innen zugelassen, was einem Defacto-Ausschluss der Öffentlichkeit bei einem öffentlichen Gerichtsverfahren gleichkommt.
Auch wenn wir wissen, dass es naiv von uns wäre anzunehmen, dass vor deutschen Gerichten Recht gesprochen würde - erinnern wir uns doch zu gut an die Blockupy-Verbote vom Mai letzten Jahres und dem legendären Ausspruch der Bullen: "Wenn Sie hier weiter das Grundgesetz verteilen, müssen wir sie festnehmen" - schmälert die jüngste Sauerei der Behörden nicht unsere Wut und Empörung!
unsere Bewegung erklärt sich daher vollumfänglich solidarisch mit den IvI-Betreibern!
Das Institut für vergleichende Irrelevanz wurde 2003 im Rahmen der Student_innenproteste besetzt. Das leer stehende Unigebäude sollte Platz für die Vernetzung verschiedener Gruppen schaffen.
Seit dem nimmt sich kritisches Denken hier Zeit und Raum. Unter dem Motto Theorie/Praxis/Party, finden im IvI autonome Tutorien, Lesekreise, Ausstellungen, Vorträge, Kongresse und Veranstaltungen zu verschiedensten Themen, aber auch Barabende, Partys und Konzerte statt.
Die vielfältigen Zugänge über Universität, Kunst, Kultur und Politik ermöglichen verschiedenen Gruppen und Personen eine umfassende Beschäftigung mit diversen gesellschaftskritischen Themen.
Neun Jahre haben viele Menschen hier einen Raum gefunden, in dem sie sich gerne aufhalten. Dabei versteht sich das IvI bewusst als Gegenentwurf zur herrschenden Öffentlichkeit, zugänglich für Menschen unabhängig des Geschlechts, Herkunft, Alters und Sexualität. Jeder soll sich so frei wie möglich von gesellschaftlichen Zwängen selbstbestimmt bewegen können.
Im Februar 2012 wurde durch die Uni Frankfurt bekannt, dass das Gebäude im Kettenhofweg 130, an die stadtbekannte Immobilienfirma Franconofurt - die dafür bekannt ist Häuser zu kaufen, zu sanieren und die Mieten im Anschluß ins unermessliche zu steigern - für den Spottpreis von ca. einer Million Euro verkauft wurde.
Seither kam es in der Folge immer wieder zu Provokationen seitens der Franconofurt AG. So gab es nächtliche Buddel-Aktionen vor dem Haus durch die Mainova mit dem Ziel die Stromversorgung zu kappen. Mehrere Versuche die Wasserversorgung abzustellen scheiterten. Am 22.05.2012 erfolgte ein gewaltsamer Zugang ins Gebäude durch Handwerker und Mitarbeiter der Franconofurt AG, die in Schlägertrupp-Manier gewaltsam auftraten und schließlich die Tür ausbauten und Strom und Wasser abstellten.
Die Taktik ist offensichtlich: Die Besetzer sollen provoziert und Mürbe gemacht werden; allerdings reagierten diese stets besonnen (Sitzstreiks) und ließen sich durch solche Methoden bislang nicht einschüchtern.
In der Zwischenzeit wächst die Solidarität in Frankfurt für das Institut.
Aktivisten hatten nach Urteilsverkündung spontan zwei weitere Häuser besetzt, auch wenn diese zwischenzeitlich auf Geheiß des deprimierten, weil nicht von der Frankfurter Bevölkerung geliebten Innenministers, Boris Rhein, wieder geräumt wurden, zeigt sich, dass eine breite Zustimmung für die Besetzer des IvI angesagt ist.
Der abendliche lautstarke und beherzte Rave vom 15.02.2013 machte zudem auf den Skandal aufmerksam.
Auch auf der politischen Ebene kommt allmählich Bewegung in Gang. SPD, Linke und Piraten haben ihre Unterstützung zugesagt. Weiterhin wird auf ein positives Signal von den Grünen gehofft.
Es scheint das die staatliche Repression ne große Portion Schiß in der Hose hat.
Das finden wir gut!
Wir sind generell an einer friedlichen Lösung interessiert, werden uns aber nicht verarschen lassen!
Ohne eine adäquate Alternative wird es keinen Kompromiss geben.
Sei es IvI-Cube oder alternative Räume auf dem Campus, das IvI wird weiter machen!
Für den Sommer 2013 ist die Umsetzung das seit geraumer Zeit geplanten "Forum für kritische Wissenschaften" vorgesehen...eine gegenuniversitäre Bewegung die gerade in dieser Stadt so sehr Not tut.
Wir werden unaufhörlich für autonome Räume kämpfen! Und wir werden sie bekommen!
Nicht müde werdend, streiten wir außerdem dafür uns einen Space abseits von Konsumzwang, Gruppenbezogener Menschenfeindlichkeit und heteronormativer Scheiße zu erobern und dauerhaft zu kultivieren.
IvI bleibt stabil und geht weiter!
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Dzamalag (Montag, 22 April 2013 00:10)
http://ivi.copyriot.com/institut-fur-vergleichende-irrelevanz-warnt-vor-raumung