es geschah in einem kleinen dorf in luberon, das ausschließlich vom tourismus lebte, bis dieser aufgrund der weltweiten finanzkrise ausblieb. kein tourist besucht das dörfchen und jeder bewohner muss zum überleben bei einem anderen geld pumpen. schwer zu ertragende monate folgen. schließlich erscheint ein fremder und mietet ein zimmer. er zahlt beim einchecken mit einem 100€-schein. der tourist ist kaum mit seinem trolley die treppe hinauf, da rennt der hotelbesitzer schon zu seinem metzger, dem er seit wochen 100 euro schuldet. der metzger nimmt den schein und läuft zum bauern, der ihn mit fleisch beliefert, welches er bislang nicht bezahlen konnte. der bauer ergreift hocherfreut den schein und trabt damit zu der einzigen hure des dorfes, der er noch das geld für die letzten besuche schuldig ist. die hure beeilt sich ihrerseits ganz schnell den hotelier aufzusuchen, bei dem sie hin und wieder stundenweise eine kammer mietet, die sie seit ausbruch der krise nicht bezahlen konnte. im selben moment, als sie den geldeschein auf den empfangstisch legt, kommt der tourist die treppe runter, erklärt, dass ihm das zimmer nicht gefalle, nimmt den schein und verschwindet. in diesem kurzen moment im leben des dorfes wurde kein geld ausgegeben, keiner hat etwas gewonnen und keiner verloren. allein: alle dorfbewohner sind plötzlich schuldenfrei...
quelle: lucas zeise - geld der vertrackte kern des kapitalismus - erschienen im papyrossa verlag...textauszug von seite 64
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